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FLOW und die NAJU im Mai

Im Herbst 2024 wurden Büsche und Bäume in der Uferzone des Elbertbachs „auf Stock gesetzt“. Auch die Naturschutzjugend Unterwesterwald war schockiert. Die Fotos zeigen, wie radikal sich die Bachumgebung dadurch verändert hatte.

 

Wie geht es dem Bach ein Jahr danach? Mit der Bachuntersuchung beim NAJU-Treffen im Mai sammelten wir Belege, ob und wie sich die äußeren Veränderungen auf die Lebewesen am Bachgrund auswirken und ob die Selbstreinigung des Baches beeinflusst wird.

 

Am Bachgrund leben merkwürdige Tiere, z.B. Eintagsfliegenlarven, die ihre Form schon vor den Dinozeiten an die Strömung im Bach so gut angepasst haben, dass sie unverändert blieb. Schielende Saugwürmer, die an Steinen grasen, oder kleine Krebse, die mit zuckenden Bewegungen des ganzen Körpers durchs Bachwasser schweben, zählen ebenfalls zur vielfältigen Lebensgemeinschaft.  Die Große Eintagsfliege legt ihre Eier übrigens in sauberes Bachwasser. Die Larven leben 2 Jahre im nassen Element. Im Bach graben sie sich durch den lockeren Bachgrund und suchen nach totem Material. Sie gehören zum „Selbstreinigungstrupp“ des Baches. Erwachsene Eintagsfliegen leben nur wenige Tage, sie können keine Nahrung zu sich nehmen und leben nur für die Fortpflanzung. Wer mehr über das Insekt des Jahres 2021 erfahren will, dem sei dieser schöne Text empfohlen: https://www.mdr.de/wissen/umwelt-klima/insekt-des-jahres-zwanzigeinundzwanzig-daenische-eintagsfliege-102.html

Die Bach-Lebewesen reagieren sehr empfindlich auf Verschmutzungen. Mit ihrer Hilfe kann man die Gewässergüte biologisch bestimmen. Eva Molsberger-Lange sammelt regelmäßig in dem sogenannten Citizen-Science-Projekt „Flow“ Daten für die Wissenschaft (mehr dazu unter: https://flow-projekt.de/index.php/de/). 20 Proben zog sie bei unserem NAJU-Maitermin aus verschiedenen Stellen des Baches. Alle Lebewesen darin mussten sortiert und bis auf Familienebene bestimmt werden. Vor allem die Masterstudentin Denise Runden und der ehemalige Biologielehrer Ernst Hohmann halfen dabei mit scharfen Augen, Fachwissen und Geduld (siehe Foto, von links: Ernst Hohmann, Eva Molsberger-Lange, Denise Runden, Birgit Dommermuth, Ute Klapthor).

 

Der Dreiecksstrudelwurm ist ein Indikator für saubere Gewässer. Im Elbertbach, der einen neutralen pH-Wert und einen geringen Mineralsalzgehalt hat, fühlt er sich wohl, wie zahlreiche gefundene Exemplare zeigen. Die chemischen und physikalischen Untersuchungen, die vorrangig Ute Klapthor mit einigen der älteren NAJU-Kinder durchführte, belegen die nach wie vor gute Wasserqualität. Das spricht für eine Erholung des Baches nach dem Kahlschlag. Diese Erkenntnisse, zusammen mit dem Profil der gefundenen Bach-Lebewesen, bringen Eva nach eingehender Untersuchung zu dem Schluss: „Die Abholzung hat bis zum heutigen Zeitpunkt keine Auswirkungen auf den ökologischen Zustand des Baches. […] Dasselbe Ergebnis wurde 2022 erzielt.“

Auch beim eigenen Suchen und Forschen hatten die Kinder viel Spaß im und am Bach. Sogar drei Fische, kleine Forellen, wurden mit Sieben gefangen. Dazu eine Riesenschnakenlarve, die fast so lang war, wie die Fische. Köcherfliegenlarven, die ihre Körper in Köchern verstecken, fanden sich zahlreich; ihre Gehäuse bauen sie aus feinem Sand, Kies oder Ästchen. Alle Lebewesen wurden nach eingehender Untersuchung wieder in den Bach ausgesetzt. Eva half bei der Bestimmung und achtete streng darauf, dass Proben und Eigenfang getrennt blieben. Beim Blick durch das Binokular konnten die Kinder auch erkennen, dass Steinfliegenlarven nur 2 Schwanzfäden haben und durch feine Kiemen atmen.

 

Sehr schön war, dass 10 engagierte Eltern das NAJU-Team rund um Birgit Dommermuth, Katharina Hutgens und Ute Klapthor wirksam unterstützten. An den untersuchten Uferbereichen ist der Bach seit Jahren in einem guten Zustand, eher niedrig, mit geringer Strömung und an vielen Stellen gut zugänglich. Somit konnten 25 Kinder das schöne Naturerlebnis genießen. Gleichzeitig wurden im dritten Jahr wichtige Daten am Elbertbach von „Bürgerwissenschaftlern“ für das „Flow“-Projekt erhoben. Alle Beteiligten hoffen, dass die Erholung vom Kahlschlag langfristig anhält.

Eva Molsberger-Langes Einschätzung nährt diese Hoffnung: „Das Schöne an einem Fließgewässer ist ja, dass alles in Bewegung ist. So kann vieles ausgeglichen werden. Die Sträucher werden auch sehr schnell wieder wachsen. Ich schätze, im nächsten Jahr sieht es schon wieder ganz anders aus. Der Niederelbert Bach hat eine gute Qualität, weil er zu großen Teilen durch Waldgebiete fließt und dort seine Quellen liegen. Er fließt nur durch wenige stark landwirtschaftlich genutzte Flächen. Es wird kein Wasser aus einer Kläranlage eingeleitet. Die stärksten Einflüsse sind Abwassereinleitungen und Trockenheit.“

 

Roger Best, NABU-Bachpate, kommentiert die vorliegenden Ergebnisse des diesjährigen „Flow“-Projektes am Elbertbach auf unsere Nachfrage: „Auch nach meiner Einschätzung hat der starke Gehölzrückschnitt keine nachhaltige Wirkung auf die aquatische Fauna. Allgemein ist nach einer beidseitigen Gehölzentfernung an einem Gewässer von einer Temperaturerhöhung von 0,1 C° pro 100 Metern Lauflänge auszugehen. Die vom Gehölzrückschnitt betroffene Fließstrecke schätze ich auf rund 200 m. Da sich oberhalb und unterhalb ein geschlossener Gehölzbestand an beiden Ufern entlang zieht, sehe ich hier kein Problem. Grundsätzlich sollte ein Gewässer immer zu mindestens 70 % beschattet sein.“ Er fügt aber auch hinzu: „Der Niederelberter Bach ist insgesamt in einem unbefriedigenden ökologischen Zustand.“ Leider! – so finden die Naturschützer der NABU-Ortsgruppe. Best führt aus: „Der schlechte Fischbestand hat zu dieser Einstufung geführt, obwohl die Bewertung des Makrozoobenthos [im Gewässerboden lebende Organismen bis zu einer gewissen Größenordnung; Anm. d. Red.] mit "gut" eingestuft wurde. Die Hauptbelastungen für den Niederelberter Bach bestehen nach meiner Einschätzung aufgrund von Regenüberlaufbecken und dem Angelpark in Oberelbert. Die landwirtschaftlichen Einträge spielen nach der Analyse von Eva [Molsberger-Lange] eine eher untergeordnete Rolle.“